Was muss - das muss

von Steffi Mademann


Was muss - das muss

 

Mein Kind (mittlerweile 7 Jahre) ist allergisch auf „MUSS“. Und damit meine ich keine Allergie, die mit einem leichten Schmollen daherkommt. Nein, ich meine diese Allergie, die sich wie ein Tornado durch die Familie wälzt.

 

Natürlich kann ich es auch vornehm umschreiben und „ausgeprägtes Autonomiebestreben“ nennen - an der Praxis ändert es nichts.

 

 


 

Insbesondere dann nicht, wenn sich in Konfliktsituationen (Sturmwarnung) meine innere Stimme meldet: „Achtung! Jetzt darfst du dir auf keinen Fall auf der Nase rumtanzen lassen! Du musst dich durchsetzen! Was muss – das muss!“, was dann wiederum in mir zu mittleren Stürmen führt.

 

Irgendwann habe ich angefangen das Wörtchen „MUSS“ zu überdenken. Und ja, bei genauerem Hinfühlen hat „MUSS“ den faden Beigeschmack von „ich will zwar nicht, aber...“.

 

Und ja, in der Durchsetzung meiner Bedürfnisse und Wünsche (zum Beispiel gegenüber meinen Kindern) klingt es wie „ich möchte das gar nicht von dir verlangen, aber...“. Auf jeden Fall klingt es nicht wie „Das ist meine Meinung oder mein Wunsch und dazu stehe ich!“ Ich glaube, als Kind würde ich mich dann fragen warum oder vielmehr für wen soll ich das dann eigentlich machen?

 

Soweit zur Theorie. Ich habe also versucht, das Wort „MUSS“ einfach (haha) wegzulassen oder zu ersetzen.

 

Jetzt heißt es bei uns nicht mehr: „Mach hin, ich muss auf Arbeit“ sondern „Beeile dich, ich will pünktlich auf Arbeit sein!“ Und statt „Du musst jetzt ins Bett!“ eben „Geh jetzt bitte in dein Zimmer, ich will meine Ruhe haben.“

 

Anstelle von „Ich kann leider nicht mit dir spielen, ich muss das Bad putzen.“ heißt es nun „Im Moment kann ich leider nicht spielen, ich werde jetzt das Bad putzen.“ (An dieser Stelle ist „will“ deplatziert.)

 

Wenn man jetzt meint, dass dieses Vorgehen doch nur zu mehr Konflikten führt oder nichts ändert, darf das gern ausprobieren. Bei uns war das nicht der Fall, denn mein Autonomiejunkie zeigt für diese, von Eigenverantwortung geprägte, Sprache mehr Verständnis als für jede faule „Muss-Rede“ und stellt dann auch gern unter Beweis, dass sie ebenfalls eigenverantwortlich ausgesprochen kompromissbereite Entscheidungen trifft (zum Beispiel: Mama, ich helfe dir mit dem Bad, dann können wir nachher noch spielen.)

 

Übrigens fühlt sich „ich will“ und „ich werde“ auch für mich viel besser an.

 

Ich bin meinem Kind jedenfalls sehr dankbar, dass es sich seine „Allergie“ nicht aberziehen lassen, sondern mir neue Wege geöffnet hat.

 

 


 

Steffi Mademann

 

Ergotherapeutin und Coach

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Angelika Kleinknecht (Dienstag, 10 November 2020 16:03)

    DANKE, Frau Mademann, für diese Erlaubnis und Ermutigung!

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