Geschichte(n) aus dem Führungsalltag

von Bettina Ulbricht


Geschichte aus dem Führungsalltag

 

Seit einigen Wochen begleite ich eine junge Führungskraft - nennen wir sie Antonia – beim Start in ihre neue Aufgabe. Antonia ist Teamleiterin von zehn Mitarbeitern eines mittelständischen Unternehmens und mag ihren Job sehr. Ihre neue Aufgabe als Chefin sieht sie sowohl als Berufung als auch als Herausforderung. Und Antonia mag Herausforderungen!

 

So geschieht es also, dass sie eines Tages so ganz aus dem Nichts einen bitterbösen Anruf ihrer Chefin erhält ...

 

 


„Antonia, deine  Mitarbeiterin (nennen wir sie Pia) hat sich neulich in einer Besprechung mit der Abteilung XY unmöglich benommen und schließlich auch noch die Arbeit verweigert. Der Teamleiter von XY hat mich soeben angerufen. So geht das nicht! Bring das bitte in Ordnung!....“

 

Na, toll. Wer mag schon solch heftige Kritik hören, und dann auch noch von der eigenen Chefin. ‚Und es betrifft mein Team, und ich trage die Verantwortung‘… denkt sich Antonia. ‚Die Sache muss schnellstens aus der Welt. Schließlich haben mein Team und ich einen Ruf zu verlieren. Das muss ich sofort klären.‘ 

 

Sie will schon zum Telefon greifen, als sie plötzlich innehält: ‚Mein erster Impuls sagt mir, ich rufe sofort bei Pia an und sage ihr, dass das so nicht geht. Ich werde ihr ihre Grenzen aufzeigen und klar meine Erwartungen formulieren… Klare Kommunikation ist ganz wichtig… 

Doch nach allem, was ich bislang über Führung gelernt habe, fühlt sich das gerade irgendwie komisch an. Ich weiß nur nicht warum und auch nicht, was stattdessen zu tun ist.‘ 

 

Antonia beschließt, die Sache auf morgen zu vertagen und erst mal eine Nacht darüber zu schlafen, obwohl sie sehr viel lieber heute schon einen Haken an diese Angelegenheit gemacht hätte.

 

In dieser Nacht schläft sie unruhig. Viele Dinge schwirren ihr durch den Kopf…  

 

... Wer fragt führt. 

... Zuhören. 

... In Beziehung gehen. 

... Sich selbst eine Meinung bilden.

... Auf seinen Bauch hören.

 

Doch als sie am nächsten Tag vor ihrem Laptop sitzt, hat sie das Gefühl, es hat sich alles in ihr sortiert und sie weiß nun, was zu tun ist. 

Antonia sucht den direkten Kontakt zu Pia: „Du warst doch neulich im Meeting der Abteilung XY und hast den neuen Teamleiter kennengelernt. Wie war das – erzähl mal!“

 

Pia erzählt (ganz artig), welche Themen besprochen wurden und zu welchen Ergebnissen die Gruppe sich verständigt hatte.

 

„Ok, interessant. Und wie ging es dir in dem Meeting, wie hast du dich gefühlt?“ 

 

Mit solch einer Frage hatte Pia nicht gerechnet, schien aber dankbar dafür zu sein. Denn plötzlich sprudelte es nur so aus ihr heraus, wie unwohl sie sich gefühlt hatte; wie alle ihre Vorschläge und Hinweise vom Teamleiter XY abgewimmelt wurden, obwohl sie, Pia, als Expertin in diese Runde geladen war. Letztendlich bekam sie dort verschiedene Aufgaben übertragen, die sie jedoch noch hinterfragen musste, weil die Ziele nicht klar waren…. Daraufhin reagierte der genervte Teamleiter XY schließlich: „Gut, dann mach ich es eben gleich selbst.“

 

Für Antonia stand außer Frage, dass Pia die Wahrheit erzählte. Sie schätzte ihre Mitarbeiterin sehr, besonders ihr Engagement und ihre Fachkompetenz. Wie konnte sie auch nur einen Moment lang glauben, dass Pia sich voll daneben benommen haben sollte! Antonia dankte ihrer Mitarbeiterin für ihre Offenheit und sicherte ihr Unterstützung zu.

 

Am nächsten Tag lädt Antonia den neuen Teamleiter XY auf einen Kaffee ein, um sich ihm vorzustellen. Im Gespräch stellte sich schnell heraus, dass er in seiner neuen Rolle noch nicht angekommen und für jede Unterstützung dankbar war. Er war eigentlich ein ganz netter Kerl, der aber noch nicht wusste, was von ihm erwartet wird und welche konkret seine Aufgaben sind. Antonia schlug ihm ein weiteres Treffen vor, was er dankbar annahm und an dem auch Pia teilnahm.

 

Inzwischen haben beide Teams ein gutes Miteinander, Aufgaben und Zusammenarbeit sind besprochen und klar abgestimmt. Pia ist und bleibt die Expertin auf ihrem Gebiet, das weiß auch Herr XY mittlerweile sehr zu schätzen. 

 

Antonia ist heute sehr froh, damals nicht ihrem ersten Impuls, sondern ihrem Bauchgefühl gefolgt zu sein.

Wie einfach Führung doch gehen kann!


 

Bettina Ulbricht

 

Führungskraft und Coach

 

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